plural, multipel, viele sein

Ein Mensch & viele Personen – plural, multipel, viele, (p)DIS sein

Ein Mensch der viele ist wird auch System genannt – ein System von Altern, Anteilen, Innies, Innenpersonen oder englisch headmates, system-members, alter, parts, etc.
Innenpersonen sind nicht schlicht Seiten / Aspekte / Modi / Ego-States einer Gesamtperson. Sie haben eigene Vorstellungen vom Leben und der Welt, haben andere Beziehungen zu Menschen im Aussen, haben oft einen eigenen Namen, ein eigenes Alter, ein eigenes Geschlecht, Sexualität und Aussehen mit dem sie sich identifizieren. Oft haben Mitglieder eines Systems andere Sprechweisen, andere Stimmen, Körperhaltungen, Akzente/Dialekte, Handschriften, Prioritäten, Erinnerungen, Interessen, Geschmäcker, Körpergefühl und Körperwahrnehmung. Manchmal haben verschiedene Anteile gar verschiedene Brillenkorrekturen, Blutdruck, Immunreaktion, Allergien, Asthma, Körperwärmeverteilung etc. Die meisten Systeme umfassen ca. 5-20 Innenpersonen, jedoch gibt es auch polyfragmetierte Systeme, die aus 100 bis mehreren Tausend vorwiegend Fragmenten bestehen. Nicht immer und nicht nur zeigen sich Alter durch nach vorne kommen / wechseln / switchen. Sie können auch passiven Einfluss üben oder miteinander kommunizieren.

(selbst) Entdeckung

Oft wurde behauptet, dass multipel sein sehr auffällig sein muss. Tatsächlich bleibt aber (p)DIS für Betroffene und Aussenstehende oft lange unbemerkbar. Vielen Multiplen wird erst klar, dass sie viele sind, nachdem sie sich lange und sorgfältig mit ihrem Erleben auseinandergesetzt haben und wie es sich von singulärem Erleben unterscheidet oder nach dem sie ihr Erleben in der Therapie aufgearbeitet haben. Dazu kommt, dass Amnesien für Amnesien bestehen können, dissoziative Symptome verkannt werden und Leugnung (gerade von Kindheitstraumata) ein intrinsischer Bestandteil der (p)DIS ist – Stichwort Anosognosie.
Pluralität zu bemerken ist jedoch essenziell, da viele Menschen mit (p)DIS auch unter Depression, Angst und weiteren Erkrankungen leiden und eine Behandlung ohne Einbezug der Pluralität meist keine (längerfristigen) Erfolge erzielt. Nicht selten werden sie zu Drehtürpatienten. Auch kann nur authentisch gelebt werden, wenn man nicht ständig eine Kontinuität und Singularität der Identität simulieren muss, die es so nicht gibt.

Umgang

Jedes System funktioniert anders. Daher begrüssen die meisten Menschen, die sich als viele outen, Fragen oder bevorzugen sie zumindest falschen Annahmen. Allerdings ist auch niemand Auskunft schuldig. Sensibel sollte man vor allem dann sein, wenn es um Fragen nach Trauma, Trigger(listen), Namen der Anteile geht oder darum, ob man sich denn wirklich sicher sei, viele zu sein oder Trauma zu haben. Unterlassen sollte man Innenpersonen zu sagen, sie sollen wechseln oder dass sie nicht willkommen sind, sich in einem System internen Konflikt auf eine Seite schlagen oder so zu tun als ob alle Anteile eigentlich dieselben sind, nachdem sich ein Mensch als multipel geoutet hat.